Was passiert mit Haus und Hypothek bei einer Scheidung?
Scheidungen sind natürlich stets unschön und haben weitreichende Folgen – vor allem, wenn noch ein gemeinsames Haus mit Hypothek im Spiel ist. Aus diesem Grund sehen wir uns am besten ganz sachlich an, welche Optionen es in einem solchen Fall gibt.
Bei einer Scheidung mit Hauseigentum sind der Güterstand und die Eigentumsformen ausschlaggebend
Grundsätzlich musst du wissen: Wichtig für den Verlauf und Ausgang der Scheidung sind der geltende Güterstand und – gerade was Liegenschaften betrifft – die Art des Eigentums an der Liegenschaft.
Die Errungenschaftsbeteiligung ist der am meisten verbreitete Güterstand in der Schweiz und kommt immer zur Anwendung, wenn die Ehegatten nichts anderes vereinbaren. Für alle, die ohne Ehevertrag heiraten, gilt also automatisch der Güterstand der Errungenschaftsbeteiligung.
Deshalb sehen wir uns kurz die wichtigsten Punkte der Errungenschaftsbeteiligung an:
Während der Ehe gemachte Errungenschaften werden von beiden Ehegatten unabhängig voneinander genutzt und verwaltet.
Bei der Scheidung wird die Errungenschaft zwischen den Eheleuten je zur Hälfte geteilt.
Für Schulden, die die Ehegatten gemeinsam eingehen, wie z.B. Hypothekarschulden, haften die beiden Ehegatten solidarisch.
Zu den Errungenschaften zählen das Gehalt, die Zinsen und die Vorsorgebeiträge. Wenn das Haus beiden je zur Hälfte gehört und das Haus bei der Scheidung verkauft wird, teilen sich die Ehepartner den daraus resultierenden Gewinn bzw. Verlust je zur Hälfte. Die Teilung geschieht unabhängig davon, wie viel der einzelne Ehegatte tatsächlich in den Erwerb investiert hat.
Das kann bedeuten: Die Exfrau hat zwar 70 % des Hauskaufs finanziert, von der Wertsteigerung nach dem Verkauf profitiert sie aber nicht zu 70 %, sondern erhält nur die Hälfte des Gewinns.
Stolperfalle Miteigentum
Die Eigentumsform an der Liegenschaft ist in diesem Beispiel das Miteigentum; das Miteigentum zu jeweils 50 %. Bei Ehepaaren in der Schweiz, die gemeinsam ein Haus kaufen, ist diese Form des Eigentums weit verbreitet und wird meist ungefragt als Standard angewendet.
Das Problem: Beim hälftigen Miteigentum wird nicht beachtet, welcher der Ehegatten tatsächlich wie viel zum Kauf der Liegenschaft beisteuert. Standardmässig wird in den meisten Kaufverträgen das hälftige Miteigentum aufgeführt, obwohl die Notare nicht wissen, wer wie viel bezahlt hat.
Ehepartner, die unterschiedlich hohe Beträge für das Haus bezahlt haben, können dies mit sogenannten Eigentumsquoten im Grundbuch festhalten. Sofern nichts anderes vereinbart wird, teilen sich die Ehegatten bei einer Scheidung die Hypothekarschulden, Gewinn oder Verlust im Verhältnis der Quoten.
Wer kann bei einer Scheidung das Haus übernehmen?
Geht man vom Güterstand der Errungenschaftsbeteiligung und dem hälftigen Miteigentum als Eigentumsform aus, sind folgende Szenarien denkbar:
Ein Ex-Partner übernimmt das Haus und zahlt den anderen aus
Der Ex-Partner, der das Haus übernimmt, zahlt dem anderen das von ihm ins Haus investierte Geld zurück plus die Hälfte der Errungenschaft.
Das Haus verkaufen und den Erlös aufteilen
Das Haus bleibt Eigentum beider Ex-Partner
Vorsicht vor der Solidarhaftung für die Hypothek bei der Scheidung
Für Hypothekarschulden haften die Ehegatten bei der Errungenschaftsbeteiligung solidarisch. Im Falle des hälftigen Miteigentums bedeutet das, dass beide Ehegatten – unabhängig von ihren jeweiligen finanziellen Mitteln – für die gesamte Hypothek haftbar sind.
Im Idealfall kommt der Ex-Partner, der das gemeinsame Haus übernimmt, für die Hypothek auf und derjenige Partner, der nichts mehr von dem Haus hat, kann aus der Solidarschuldnerschaft entlassen werden. Ein solches Szenario ist möglich, wenn das Hypothekarinstitut sicher ist, dass die finanziellen Mittel des einzelnen Ex-Partners ausreichend sind für eine alleinige Haftung der Hypothek.
Ist das jedoch nicht der Fall, Fall gibt es zwei Vorgehensweisen: Die Hypothek verringern (durch Vorsorgegelder/Erbvorbezug) oder dem Hypothekarinstitut Zusatzsicherheiten wie Wertschriften und Lebensversicherungen als Pfand zur Verfügung stellen.
Bieten auch die genannten Massnahmen nicht genügend Sicherheit, kommt der zweite Partner erst aus der Haftung, wenn das Haus verkauft wird.
Alternative Güterstände und Eigentumsformen
Der Standard Errungenschaftsbeteiligung plus hälftiges Miteigentum ist für die wenigsten Ehepaare die ideale Lösung. Aus diesem Grund können Ehepaare mit einem Ehevertrag den Güterstand frei festlegen. Wichtig: Der Ehevertrag muss vom Notar beglaubigt werden. Folgende Güterstände sind möglich:
Gütertrennung
Jeder Partner bleibt Eigentümer seines eigenen Vermögens. Es gibt keine gemeinsamen Güter und Schulden. Bei einer Scheidung gibt es folglich keine Aufteilung. Aber: Hat ein Ex-Partner den anderen beim Kauf einer Liegenschaft unterstützt, hat er bei der Scheidung Anrecht auf den entsprechenden Anteil an der Wertsteigerung.
Gütergemeinschaft (Gesamteigentum)
Bei der Gütergemeinschaft unterscheidet man während der Ehe zwischen drei verschiedenen Gütermassen:
Güter der Ehegattin (Eigengut Ehegattin)
Güter des Ehegatten (Eigengut Ehegatte)
Güter, die beiden gehören (Gesamtgut)
Zum Gesamtgut gehören das Vermögen und das Einkommen des Ehepaars. Es gehört beiden, wird von beiden verwaltet und bei Scheidung zwischen ihnen aufgeteilt. Für Schulden haften beide nur mit der Hälfte des Gesamtgutes und allenfalls mit ihrem Eigengut.
Aber: Für Schulden, die für Lebenskosten entstehen oder die mit Einverständnis des Ehegatten gemacht wurden, kann ein Ehepartner mit dem ganzen Gesamtgut haftbar gemacht werden – darunter fallen auch Hypothekarschulden.
Auch die Eigentumsformen bestimmen, was mit dem Haus bei einer Scheidung passiert
Nicht nur der Güterstand entscheidet, was im Falle einer Scheidung mit dem gemeinsamen Haus passiert – auch die Form des Eigentums an der Liegenschaft spielt eine Rolle. Welche Alternativen zum oft gewählten hälftigen Miteigentum gibt es?
Alleineigentum
Die Liegenschaft gehört nur einem Ehegatten. Er allein profitiert vom Gewinn, trägt das Verlustrisiko und haftet für die Hypothek. Wohnt er gemeinsam mit Ehepartner und eventuell Kindern in der Liegenschaft, darf er diese nur verkaufen, wenn der Ehepartner einverstanden ist. Kommt es zur Scheidung, kann der Nichteigentümer gerichtlich erwirken, dass er ein befristetes Wohnrecht erhält. Dies ist der Fall, wenn er nachweislich auf das Haus als Familienheim angewiesen ist.
Stirbt der Eigentümer, kann der übrige Ehegatte verlangen, dass ihm die Liegenschaft – unter Anrechnung auf seinen Erbteil – überschrieben wird oder dass er ein Nutzniessungs- oder Wohnrecht daran erhält. Auch beim Miteigentum und Gesamteigentum hat der überlebende Ehegatte diese Möglichkeiten.
Miteigentum
Oft wendet man standardmässig das hälftige Miteigentum an. Die Quoten lassen sich beim Miteigentum aber frei definieren und können das Verhältnis der Finanzierung real widerspiegeln: z.B. 30 % zu 70 %. Beim Miteigentum haben beide Ehegatten mit einer bestimmten Quote Rechte und Pflichten an der Liegenschaft. Über seinen Anteil verfügt jeder frei. Will einer seinen Anteil verkaufen, hat der andere ein gesetzliches Vorkaufsrecht. Sofern nichts anderes vereinbart worden ist, teilen sich die Ehegatten Gewinn, Verlust und Hypothekarschulden im Verhältnis der Quoten.
Gesamteigentum
Die Liegenschaft gehört beiden Ehepartnern zusammen. Es spielt dabei keine Rolle, wer wie viel bezahlt hat. Die Ehegatten nehmen die Rolle einer einfachen Gesellschaft ein und müssen einen Gesellschaftsvertrag miteinander abschliessen. Dieser regelt, wer welchen Betrag einbringt und wie Gewinne und Verluste geteilt werden. Die Ehegatten können nur gemeinsam über das Haus bestimmen. Für Hypothekarschulden haften sie solidarisch. Partner, die im Ehevertrag eine Gütergemeinschaft vereinbart haben, sind automatisch Gesamteigentümer.
Checkliste: So entscheiden sich Paare für den richtigen Güterstand
Wie entscheiden zukünftige Ehepaare, welcher Güterstand sich für sie am besten eignet? Die Frage birgt Konfliktpotenzial. Gerade wenn die Partner finanziell ungleich gestellt sind, ergeben sich je nach Güterstand grössere Vor- bzw. Nachteile für einen der beiden Partner. DIE Lösung zu finden, mit der beide zufrieden sind, ist die grosse Herausforderung.
Damit das gelingt, muss die private und finanzielle Situation beider Partner analysiert werden. Das bedeutet, man sollte sich nicht nur mit dem Szenario Scheidung befassen, sondern auch mit dem möglichen Ableben des Partners. Sind bei einem oder beiden Partnern bereits Kinder aus früheren Beziehungen vorhanden, muss dies ebenfalls in die Überlegungen einbezogen werden.
Wie verändert sich meine finanzielle Situation durch die Heirat? Welche Konsequenzen ergeben sich aus den verschiedenen Güterständen für mich?
Was bedeutet der von mir gewünschte Güterstand für meinen Partner?
Welche Eigentumsform ist die richtige für mich, für meinen Partner, für uns?
Was passiert beim Tod des Partners oder bei Scheidung? Welcher Güterstand, welche Eigentumsform wäre in einem solchen Fall für alle am besten geeignet?
Gibt es Kinder aus früheren Beziehungen, die beim Tod des Partners erbberechtigt am Haus sind?
Antworten auf diese Fragen findet man bei Experten, etwa bei Notaren, Anwälten oder Rechtsberatern. Eine Zweitmeinung ist immer empfehlenswert.
Wie schon gesagt: Eine Scheidung ist immer unschön. Damit zur emotionalen Belastung aber nicht noch Streitigkeiten über Haus und Hof kommen, ist Vorbeugung die beste Massnahme. In der heutigen Zeit ist es kein Problem mehr, die vorhandenen Optionen noch vor der Eheschliessung miteinander zu besprechen und eine beidseitig stimmige Lösung zu finden – so dass ihr die gemeinsame Zeit im Eigenheim auch wirklich sorgenfrei geniessen könnt.